US-Mennoniten und die einseitige Parteinahme für Palästina

Mai 1, 2024
Menschenmenge in Palästina. ©Bild von hosny salah auf Pixabay

Professorin Schirch spricht sich für differenzierte Haltung aus

Zahlreiche US-Mennoniten ergreifen im aktuellen Nahostkonflikt Partei für Palästina und kritisieren Israel. Eine anerkannte Friedensforscherin erhebt jetzt ihre Stimme dagegen.

In den USA steigern sich die propalästinensischen Demonstrationen und anti-israelischen Kundgebungen vor allen in den Universitäten. Studenten rufen „Brennt Tel Aviv nieder!“ und „Hamas, mach uns stolz“. Selbst Studenten mennonitischer Universitäten wie der Eastern Mennonite University und des Bethel College haben Aktionen organisiert, die vornehmlich propalästinensisch gefärbt waren.

Demonstranten werfen Israel „Völkermord“ vor – Kritik bleibt aus

Etwa 130 mennonitische Demonstranten der Gruppe „Mennonite Action“ wurden im Januar (Rund 130 Mennoniten in Washington verhaftet (menno-welt.net) im Capitol Hill verhaftet. Action-Sprecher Jonathan Brenneman sprach vom „israelischen Völkermord“. Mehrere Demonstranten schwenkten palästinensische Fahnen, einige trugen das palästinensische Kopftuch, ein Symbol des antiisraelischen Terrorismus. In der deutschen mennonitischen Zeitschrift „Die Brücke“ 2/2024 wurde diese Aktion vorbehaltlos positiv beschrieben. Dass die US-Aktionisten den Israelis Völkermord vorgeworfen hatten, wurde mit keinem Wort erwähnt.

„Mennoniten schweigen über jüdische Traumata“

Der vage Eindruck, dass Mennoniten in den USA eher für die Palästinenser Partei ergreifen, wird jetzt durch eine Expertenstimme bestätigt und damit gefestigt. Lisa Schirch, Professorin für Friedensforschung an der University of Notre Dame, setzt sich seit 30 Jahren für einen gerechten Frieden mit Palästinensern und Israelis ein. Sie hat in der Anabaptist World ihre Stimme für eine differenzierte Betrachtung des Problems erhoben: „Mennoniten neigen immer noch dazu, sich auf palästinensische Traumata und Sicherheit zu konzentrieren und schweigen meist über jüdische Traumata und Sicherheit“, schreibt sie. 

Israelkritische Haltung hat Tradition

Schirch fordert, dass „westliche Christen“, und dazu zählen sich offensichtlich auch die Mennoniten, „sowohl palästinensische als auch jüdische Narrative hören“ sollten. Sie ist der Überzeugung: „Mennoniten unterstützen weitgehend das Mitgefühl für die Palästinenser“. Diese Haltung hat eine längere Tradition. Schirch beschreibt, dass ihre Kirche sie in der Zeit ihres Heranwachsens gelehrt habe, dass mächtige Kräfte wie die USA die Juden unterstützten und dass sie deshalb auch nicht die Sicherheit Israels fordern müsse. Allerdings verlangt Schirch nicht, dass die Menschen zu den Gräueltaten schweigen. „Aber wir müssen auch verstehen, dass es in jedem Land reale Bedrohungen gegen Juden gibt und dass der Iran und seine regionalen Verbündeten weiterhin zur Zerstörung Israels aufrufen, was die massenhafte Tötung jüdischer Zivilisten impliziert.“ Mennonitische Veröffentlichungen hätten weitgehend alle Schuld auf Israel geschoben, mit wenig bis gar keiner Erwähnung von Drohungen gegen Juden durch Christen und Muslime.

Selbstgerechter Ton und Doppelmoral

Jüdische Kollegen Schirchs verweisen auf den „selbstgerechten Ton“, weil die Mennoniten davon ausgehen, dass sie unschuldig sind. Dabei unterstützten die Mennoniten in Europa und Nordamerika den Nationalsozialismus weitgehend. Schirch weiter: „Wenn Mennoniten Protestschilder hochhalten, die nur ihre Sorge um die Palästinenser zeigen, sehen meine jüdischen Freunde darin nur ein weiteres Kapitel in einer langen Geschichte von Mennoniten, die jüdische Ängste und Traumata ignorieren und herabsetzen.“ Es gäbe eine Doppelmoral, die israelische Handlungen nach Menschenrechtsstandard bewerte, während die Mennoniten im gleichen Atemzug Resolutionen verabschiedeten, „in denen sie die israelische Besatzung Palästinas verurteilen, und gleichzeitig kaum auf die Hilferufe der kongolesischen Mennoniten oder indigenen Gruppen in Amerika reagieren“. 

Schirchs Forderung: „Um einen gerechten Frieden in Israel und Palästina zu unterstützen, müssen wir für die Menschenrechtsethik parteiisch, aber unparteiisch für die Menschen sein.“

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