Mennoniten steigen 1923 in den Zug, um Russland für immer zu verlassen. ©The University of Winnipeg

Foto: Mennoniten steigen 1923 in den Zug, um Russland für immer zu verlassen. ©The University of Winnipeg

Wissenschaftler aus Kanada und der ganzen Welt versammeln sich an diesem Wochenende an der University of Winnipeg zu einer akademischen Konferenz, die eine entscheidende Ära in der mennonitischen Geschichte untersucht. Sie begann vor 100 Jahren. Die Konferenz mit dem Thema „Die ‚Russlaender-Mennoniten: Krieg, Vertreibung und Neuanfang“ findet vom 14. bis 15. Juli in der Convocation Hall statt. Die Teilnahme ist kostenlos.

Eine internationale Riege

Die Konferenz, die mit dem 100. Jahrestag des Beginns der Russländer-Migration (1923-1930) zusammenfällt, bietet sechs Podiumspräsentationen von internationalen Wissenschaftlern, darunter Fakultätsmitglieder der Universität-Winnipeg-eigenen Mennonite-Studies-Programms. „Es ist eine internationale Liste“, sagte Dr. Aileen Friesen, Assistenzprofessorin am Institut für Geschichte und Co-Direktorin des Centre for Transnational Mennonite Studies, das die Konferenz ausrichtet. „Wir haben Wissenschaftler die Vorträge halten aus Kanada, der Ukraine, den Niederlanden, Neuseeland und Israel eingeladen.“

Romanautoren sprechen über ihre Texte

Darüber hinaus werden die preisgekrönten Romanautoren Sarah Klassen, Sandra Birdsell und David Bergen, die alle fiktive Berichte über die Russländer Migration geschrieben haben, zu den Konferenzteilnehmern sprechen. Außerdem wird ein Dokumentarfilm gezeigt.

Bei dem Thema geht es um die zweite von drei großen mennonitischen Migrationen nach Kanada, in der Anfang der 20-er 21.000 Mennoniten vor Bürgerkrieg, Hungersnot und politischen Unruhen in der Sowjetunion flohen. Mehr als 6.000 ließen sich in Manitoba nieder.

Mennoniten bei Alt-Einwanderern einquartiert

„Durch die Hilfe von Mennoniten, die bereits in Kanada waren, konnten die ‚Russlaender Mennoniten‘ nach Kanada kommen“, sagte Dr. Friesen. „Viele wurden bei Familien aus der Migration der 1870er Jahre einquartiert.“

Dr. Aileen Friesen, Assistant Professor im Department of History und Co-Direktorin des Centre for Transnational Mennonite Studies.

Ein einzigartiges Abkommen mit der Canadian Pacific Railway ermöglichte es mittellosen „Russlaendern“, auf Kredit nach Kanada zu reisen, um mehr Land entlang der Eisenbahnlinie zu bewirtschaften. In den folgenden Jahren leisteten diese Migranten viele bedeutende Beiträge zur kanadischen Gesellschaft.

„Alle mennonitischen Migrationsgruppen haben ihre Spuren hinterlassen“, sagte Dr. Friesen, „aber die ‚Russlaender‘ waren sehr auf Bildung bedacht, und sie leisteten bedeutende Beiträge dazu, sogar hier an der Universität von Winnipeg, wo der Lehrstuhl für Mennonitenstudien von einer russisch-mennonitischen Familie, Dr. David und Katherine Friesen, gegründet wurde.“

Zugreise auf den Spuren der Vorfahren

Mehr als 120 Russlaender-Nachkommen unternehmen eine Zugreise quer durch Kanada, um die Siedlungsreise ihrer Vorfahren nachzuvollziehen. Die dreiteilige Russlaender 100 Tour, die vom 6. bis 25. Juli stattfindet, führt die Teilnehmer von Quebec City nach Abbotsford mit Stopps in Montreal, Kitchener, Winnipeg, Saskatoon, Rosthern und Edmonton.

Viel Programm auf der Reise

Unterwegs genießen die Teilnehmer historische Vorträge, Präsentationen, Musik und Tagesausflüge zu mennonitischen Stätten. Jeder Halt wird ihnen helfen, die Geschichte dieser Migration und die Erfahrung der Einwanderer im Allgemeinen besser zu verstehen.

In Manitoba werden die Bahnreisenden am 15. Juli an einem kostenlosen Saengerfest (Gesangsfestival) in der Centennial Concert Hall teilnehmen. Es werden Spenden für den Russländer Gedenkfonds des Mennonitischen Zentralkomitees gesammelt. Dr. Friesen betonte, dass die Zugtour dazu gedacht ist, den Glauben der Russlaender zu feiern, an die Herausforderungen zu erinnern, mit denen sie als neue Siedler in Kanada konfrontiert waren und ihren Einfluss auf die indigenen Völker zu durchleuchten.

Rettung vom Stalinismus – Teil des Kolonialismus

„Kanada rettete diese mennonitischen Familien vor den Schrecken des Stalinismus, machte sie aber auch zu einem Teil des kolonialen Siedlersystems. Dieses Element der Geschichte mag den Mennoniten Unbehagen bereiten, aber es kann nicht ignoriert werden“, so Dr. Friesen.

Patenschaften ermöglichen fünf Studierenden der UWinnipeg die Teilnahme an der ausverkauften Zugfahrt. „Für viele ist dies ein Teil ihres Erbes, dessen sie sich vielleicht nicht bewusst sind, daher ist es wichtig, diese Geschichte an jüngere Generationen weiterzugeben“, sagte Dr. Friesen.

Quelle: The University of Winnipeg

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