Ein offener Kanal in Europa. Wie der Kanal im Chaco letztlich aussehen soll, steht allerdings noch nicht fest, da es noch keine Planungszeichnungen gibt. ©Envato

Nach dem Scheitern des Aquädukts soll ein neues Vorhaben Wasser in den Chaco bringen

Bleibt der mittlere Chaco, bewohnt vornehmlich von Indigenen und Mennoniten, weiter auf dem Trockenen sitzen? Das 130 Millionen US-Dollar teure Aquädukt, das Wasser in die regenarme Region leiten sollte, ist krachend gescheitert. Ein neues, noch teureres Projekt endet in politische Streitigkeiten.

Hinter dem Vorhaben steht Orlando Penner

Senator Orlando Penner wirbt für das Wasserprojekt im Chaco. ©Orlando Penner, Instagram

Das kürzlich vorgestellte ambitionierte Großprojekt, das in der Endausbaustufe 250 Millionen US-Dollar kosten könnte, wird insbesondere von Senator Orlando Penner vorangetrieben, der selbst aus dem Chaco und der Mennonitenkolonie Fernheim stammt. Als ehemaliger erfolgreicher Rennfahrer, der die Rallye Transchaco dreimal gewann, und als Politiker, der als Gouverneur, Abgeordneter und aktuell als Senator tätig ist, ist er ein Mann, der versteht, wie man Interessen durchsetzt.

130 Millionen Dollar verpufft

Die Realisierung des ehrgeizigen Vorhabens erwies sich von Beginn an als Herausforderung: Insbesondere die Mennoniten erinnern sich noch gut an das fehlerhafte erste Aquädukt. Im Chaco herrscht große Verärgerung über die stümperhafte Durchführung des ersten Wasserprojekts, durch das seit einem Jahr und drei Monaten kaum noch Wasser fließt. 130 Millionen US-Dollar sind damit verloren gegangen.

Gesetzentwurf als Startpunkt

Orlando Penner, ein entschlossener Politiker, setzt sich unermüdlich für seine Vision der Wasserversorgung im Chaco ein. Im April 2024 präsentierte er einen Gesetzesentwurf, der es dem Staat ermöglichen würde, eine Konzession für den Bau und Betrieb eines offenen Wasserkanals im Chaco zu vergeben. Penner zufolge (abc color, 23. April 2024) wäre eine anfängliche Investition von 150 Millionen Dollar für das Projekt erforderlich. Ein Freiluftkanal könnte, so die Zeitung, auf einer Länge von 250 km bei voller Kapazität 50 Kubikmeter Rohwasser pro Sekunde vom Paraguay-Fluss zu den Kolonien, der Garnisonsstadt Mariscal Estigarribia und den indigenen Dörfern leiten. Die Überwindung des Höhenunterschieds ist durch den Einsatz von Pumpstationen geplant.

Trinkwasser und industrielle Nutzung

Beispiel eines offenen Aquädukts in Wales, England. © Envato

Das Flusswasser ist gedacht als Trinkwasser (natürlich nach entsprechender Behandlung) für Mensch und Tier, für die industrielle Nutzung und für die Landwirtschaft, unter anderem für die Bewässerung von Anbauflächen. Vor allem Indigene sind dringend auf gesundes Trinkwasser angewiesen, da sie häufig nur Zugang zu Trinkwasser minderer Qualität haben oder sich aus verseuchten Teichen versorgen müssen

Die Vorstellung: Eine zu gründende Aktiengesellschaft, deren Hauptaktionäre die drei Kolonien wären, soll einen Konzessionsvertrag über 30 Jahre abschließen und damit die Verantwortung für die Kreditaufnahme, den Bau und den Betrieb des Kanals und der Kommerzialisierung übernehmen. In den Mennonitenkolonien sorgte der Gesetzentwurf für erhebliche Irritationen, da der Eindruck entstanden war, die Kolonien selbst sollten für die Kosten aufkommen. Die Gesetzesinitiative war schlicht und einfach schlecht kommuniziert worden. Es besteht Klärungsbedarf

Siedler wurden beruhigt

In einer Mitteilung betonen die drei Kolonien, dass die Entscheidung zur Teilnahme bei den Mitgliedern liegt. „Es wurden bisher keine Verbindlichkeiten durch die Kooperativen eingegangen“, was die besorgten Mitglieder beruhigen sollt. Die Kolonien drängen vor allem auf den Einstieg weiterer Aktionäre. Obwohl hervorgehoben wurde, dass „das Angebot eine wichtige Chance für die Sicherung der Trinkwasserversorgung und die Entwicklung der Region sein könnte“, hat sich in Asunción der Eindruck gefestigt, dass die Kolonien dem Projekt skeptisch gegenüberstehen, ein Eindruck, der durch inoffizielle Kommentare aus den Kolonien verstärkt wurde.

Diskreditierung durch Politik

Von vielen politischen Seiten wurden Versuche gestartet, das Wasserprojekt und Orlando Penner zu diskreditieren. Zumal Penner die von ihm einst gegründete und auch geführte Partei Patria Querida verließ. Sie habe sein Vorhaben zu wenig unterstützt, rechtfertigte er sich. Er wolle weiter als „Unabhängiger“ arbeiteten. Da er aber eng mit der Regierungspartei Partido Colorado kooperiert und ihre Unterstützung braucht, provozierte er damit einen Skandal. Sein Vorgehen wurde von seinen ehemaligen Parteigenossen als Verrat angesehen.

Warten auf Regen

Die Umsetzung des unbestritten notwendigen Projekts erscheint nun mehr als je zuvor in weiter Ferne. Nach Meinung der Mennonitenkolonien wurde das Vorhaben überstürzt und ohne einen koordinierten, durchdachten Plan vorangetrieben. Insbesondere der Gegensatz zwischen der „Vermarktung des Wassers“ und dem „Wasser als Menschenrecht“ führt zu einem absehbaren Konflikt. Es bleibt ungewiss, ob die indigenen Völker und die Mennoniten jemals Zugang zum kostbaren Wasser des Río Paraguay erhalten werden. Derweil hoffen die Bewohner des Chaco eher auf Regen als auf den Bau eines Aquädukts.

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